

Die Begegnung zweier sehr unterschiedlicher Frauen lenkt ihre Leben in ungeahnte Bahnen. Ein unvergesslicher Roman über die gesellschaftlichen Beschränkungen von Frauenleben in Irland vor nicht allzu langer Zeit.
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Herbst 1994. Die Bewohner des irischen Küstenstädtchens Ardglas beschäftigt nur ein Thema: Colette Crowley – Dichterin, Bohemienne, die Frau, die ihre Familie verlassen hat, um in Dublin ihr Glück zu finden – ist zurück und wohnt in einem kleinen Cottage an der Coast Road. Jeder ihrer Schritte wird von der Gemeinde argwöhnisch beäugt. Hat sie es verdient, dass ihr Mann ihr den Zugang zu den Kindern verwehrt? In ihrer Verzweiflung bittet Colette eine Bekannte um Hilfe, Izzy Keaveney, Hausfrau und Mutter, unglücklich verheiratet mit einem Lokalpolitiker, der sich ausgerechnet für die Legalisierung der Scheidung im Land einsetzt. Und so entsteht zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Frauen eine Bindung, die ihre Leben in ungeahnte Bahnen lenkt.
In schnörkelloser Prosa, mit psychologischem Feingefühl und großartiger Beobachtungsgabe erzählt Alan Murrin von den gesellschaftlichen Einschränkungen, die Frauenleben in Irland vor gerade einmal dreißig Jahren bestimmten – kurz bevor Scheidung in einem Referendum mit knapper Mehrheit legalisiert wurde – und beleuchtet dabei subtil, was Frauen überall auf der Welt auch heute noch davon abhält, ihre Partner zu verlassen.
Ausgezeichnet als »Newcomer of the Year« bei den Irish Book Awards 2024
»Alan Murrin schreibt wie die besten irischen Autoren mit einer ruhigen, poetischen Gewandtheit.« Sarah Winman
»Die weiblichen Figuren sind komplex und faszinierend, voller Wut und Hoffnung. Ich konnte das Buch kaum aus den Händen legen.« Gillian Anderson
»Alan Murrin ist ein begabter Erzähler, der seine Figuren so dreidimensional zeichnet, dass ich mit ihnen mitgefiebert und mitgelitten habe, als wären sie real.« Louise Kennedy
3. Auflage
Alan Murrin ist ein irischer Schriftsteller, der seit einigen Jahren in Berlin lebt. Er absolvierte den renommierten Masterstudiengang im Kreativen Schreiben an der University of East Anglia. 2021 gewann er für seine Kurzgeschichte ›The Wake‹ den Bournemouth Writing Award; die Geschichte stand ebenfalls auf der Shortlist für die Kurzgeschichte des Jahres der Irish Book Awards. Als Kulturkritiker schrieb er u. a. für The Irish Times, TLS und The Spectator. ›Coast Road‹ ist sein Debütroman, für den er 2024 bei den Irish Book Awards als ›Newcomer of the Year‹ ausgezeichnet wurde.
Anna-Nina Kroll, 1988 in Essen geboren, studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf. Sie hat u. a. Werke von Donal Ryan, Carmen Maria Machado, John Irving und Anna Burns ins Deutsche übertragen. Für ihre Übersetzung von Anna Burns' ›Milchmann‹ erhielt sie im Jahr 2021 den Förderpreis zum Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW.
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Kein Entkommen aus einer unglücklichen Ehe
Alan Murrins Roman “Coast Road“ spielt in der Kleinstadt Ardglas an der irischen Küste Mitte der 90er Jahre kurz vor dem Scheidungsreferendum. Es geht im Wesentlichen um drei Ehepaare, deren Ehen nicht funktionieren. Colette Crowley ist gerade aus Dublin zurückgekehrt, wo sie kurze Zeit mit ihrem Geliebten gelebt hat. Sie quartiert sich im Cottage der Eheleute Mullen ein und leidet sehr darunter, dass ihr Mann Shaun ihr den Kontakt mit Carl, ihrem jüngsten Sohn verbietet. Die Tatsache, dass sie Mann und Kinder verlassen hat, war ein Skandal und ihre Rückkehr wird sehr skeptisch gesehen. Sie freundet sich mit Izzy Keveney an, die sich schon lange nicht mehr mit ihrem Mann James versteht, einem nicht sonderlich erfolgreichen Politiker. James muss ganz besonders auf sein Ansehen in der Gemeinschaft achten, und eine Trennung kommt schon deshalb nicht in Frage. Seine Karriere ist ihm wichtiger als alles andere. Donal und Dolores Mullen sind das dritte Paar, dessen Ehe nicht funktioniert. Donal hat ständig Affairen mit anderen Frauen, aber bei Männern wird das problemlos akzeptiert. Colette Crowley wird schon als Hure bezeichnet, weil ein Betrunkener aus dem Ort vor ihrem Haus gesehen wurde. Da heißt es dann gleich, bei ihr gäben sich die Männer die Klinke in die Hand.Der Roman erlaubt einen tiefen Einblick in die Situation irischer Frauen vor gerade mal dreißig Jahren. Da war nicht nur die noch ungebrochene Macht der katholischen Kirche. Sie mussten sich alle Arten von Einschränkungen gefallen lassen und waren oft häuslicher Gewalt ausgesetzt, ohne eine Chance, dem zu entkommen. Ich wusste nicht, dass es damals keine Scheidung in Irland gab und finde es umso erstaunlicher, dass ein Mann dieses Thema in seinem Debütroman so einfühlsam präsentiert. Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich fand es außergewöhnlich und fesselnd. Ich werde den Autor im Auge behalten und ganz bestimmt seinen nächsten Roman lesen.

Drei Frauen, gefangen in unglücklichen Ehen – ein beeindruckendes Debüt!
Worum geht’s? Colette Crowley hat das Undenkbare getan: für eine Affäre hat sie Mann und Kinder verlassen und ist nach Dublin durchgebrannt. Doch jetzt ist sie zurück im irischen Küstenstädtchen Ardglas. Jeder ihrer Schritte wird von der Gemeinde argwöhnisch beobachtet. Sie mietet sich im Cottage von Donal und Dolores Mullen ein, um erstmal zur Ruhe zu kommen. Als ihr Mann Shaun ihr nach ihrer Rückkehr den Kontakt zum jüngsten Sohn Carl verbietet, sucht sie in ihrer Verzweiflung schließlich Rat bei Izzy, die in einer unglücklichen Ehe mit Lokalpolitiker James gefangen ist, der sich für die Legalisierung der Scheidung in Irland einsetzt. Izzy versucht, Colette den Kontakt mit Carl zu ermöglichen, was natürlich nicht lange unbemerkt bleibt. So steuern die Frauen immer näher auf die abschließende Katastrophe zu. Wie war‘s? Coast Road war für mich ein packendes, erschütterndes Debüt. Ein Buch, dessen Handlung gut vor 100 Jahren spielen könnte, denn ich konnte kaum glauben und mir war bis dato nicht bewusst, dass es 1994 in Irland nicht möglich war, sich einfach scheiden zu lassen, wenn eine Ehe nicht mehr funktioniert. Alan Murrin schildert sehr eindrücklich, was es mit den Frauen macht, nicht aus ihren unglücklichen Beziehungen ausbrechen zu können. Vor allem der Hass, den Izzy auf ihren Mann James entwickelt, war meiner Meinung nach sehr anschaulich dargestellt und auch gut nachzuvollziehen. FazitKein vergnügliches Buch, kein Buch, das man einfach so nebenbei liest – dafür ein Debüt, das einen lange beschäftigt und im Gedächtnis bleibt.

Dramatische Schicksale
Was heute die sozialen Medien besorgen, war noch in den Neunziger Jahren in einem kleinen Küstenort in Nordirland die Sache von Kirche, Kneipe und Gemischtwarenladen. So ist es zu verstehen, dass Colette Crowley im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand, als sie plötzlich wieder in ihrem Heimatort auftaucht. Sie hatte das Dorf, ihren Ehemann und die Söhne verlassen, um mit einem fremden Mann nach Dublin zu gehen und dort ihr Glück zu finden und versucht nun, sich ihrer Familie wieder anzunähern, doch das misslingt gründlich. Von den Frauen des Ortes schlägt ihr Misstrauen, Missachtung, zuweilen so etwas wie Neid auf ihre Courage entgegen. Die Männer schauen ihr wegen ihrer Schönheit hinterher und betrachten sie, die allein in einem abgelegenen Cottage auf der Coast Road lebt, teilweise gar als “Freiwild”. Keinesfalls würde sich einer der “geachteten Bürger” gegen den Ehemann stellen, der Colette den Kontakt zu ihren Söhnen verwehrt. Sie findet Unterstützung bei Izzy, der unzufriedenen Ehefrau eines Politikers, der sich ausgerechnet für das Scheidungsrecht einsetzt, aber sehr auf seinen guten Ruf bedacht ist. Heimlich hilft sie Colette, sich mit ihrem Sohn zu treffen und ist in ihrer Widersprüchlichkeit der für mich interessanteste Charakter. Doch auch alle anderen Personen, angefangen vom Dorfpfarrer über den Fleischer oder die Söhne von Izzy und Colette werden überzeugend und differenziert dargestellt.Der Roman ist genial komponiert: Abwechselnd wird in jedem Kapitel das aktuelle Geschehen oder die Erinnerung an Vergangenes aus dem Blickwinkel einer anderen Person erzählt. So erfahren wir ganz verschiedene Sichten auf die Ereignisse und die Motive der Protagonisten. Das ist total spannend und macht verständlich, wie schwierig die Lage der Frauen in einer Zeit war, als Ehescheidungen per Gesetz verboten waren. Es zeigt, dass es für manche unglücklich verheiratete Frau kaum möglich war, aus dem gesellschaftlichen Rahmen und ihrer Ehe auszubrechen.

Faszinierend düsterer Blick ins weibliche Irland der Neunziger
Wenn man „Coast Road“ von Alan Murrin liest, fühlt man sich, als wäre man durch die Zeit gefallen. Betrachtet man das Frauenbild, dass Murrin in glasklarer Prosa zeichnet, fühlt man sich in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts zurückversetzt. Was einem kleinen Schock gleichkommt. Denn tatsächlich spielt das Buch kurz vor der Jahrtausendwende, Mitte der Neunziger-Jahre. Der Roman zeichnet den Lebensweg von Izzy, Colette und Dolores in einem kleinen irischen Küstenstädtchen nach und schildert ihr unglückliches Leben als Hausfrau und Mutter. Während Dolores ein Kind nach dem anderen bekommt und dabei peinlichst genau auf ihre Linie achtet – denn die ist ihrem Mann, der sie mit anderen betrügt, sehr wichtig – spürt Izzy einem Leben nach, das ihres sein könnte, das ihr aber von ihrem Mann, einem ambitionierten Lokalpolitiker verwehrt wird. Colette hingegen ist ausgebrochen aus ihrer tristen Ehe. Die Schriftstellerin hat ihren Mann verlassen und kehrt nach einer Zeit aus der Großstadt zurück, um neu anzufangen, vor den Augen derer, die sie am liebsten verstoßen würden. Sie wird geächtet, von ihren Kindern ignoriert, teilweise sogar angefeindet, denn die toxischen Einstellungen gegenüber Frauen und ihren eigenen Wünschen scheinen sie von ihrem Vater mitbekommen zu haben. Als Colette in ein kleines Häuschen zieht, um näher, aber doch nicht zu nah bei ihrer Familie zu sein, wird jeder ihrer Schritte genau beäugt. Murrin zeichnet in seinem Roman drei verschiedene Lebenslinien, die sich berühren und wieder auseinanderdriften, um sich erneut zu tangieren. Eindrucksvoll beschreibt er das Leben Von Izyy, Colette und Dolores und zeigt schonungslos auf, was sie sind: Frauen, die im Irland der Neunziger verloren sind, denen die Selbstverwirklichung verwehrt ist und schaffen sie es doch, ihren eigenen Weg unter dem Misstrauen der kleinen Stadt zu gehen, dann nur unter großen Entbehrungen, die sie emotional auszehren."Coast Road" ist ein berührendes Werk, das den Leser auf eine emotionale Reise durch das Irland des späten 20. Jahrhunderts mitnimmt, in eine Zeit, in der Scheidungen noch immer verboten sind, in der Frauen gezwungen sind, sich am Tag ihrer Hochzeit selbst aufzugeben, wollen sie gesellschaftlich anerkannt werden. Es ist ein düsterer Roman, den Murrin in klarer, nüchterner und dennoch oft poetischer Sprache zeichnet. Mit großer Sensibilität schildert er die inneren Kämpfe der Hauptfiguren. Er zeichnet ein plastisches, tiefgründiges Bild der Charaktere, dokumentiert Konflikte und Missverständnisse, die sich aufstauen und den Leser betroffen zurücklassen. "Coast Road" ist eine Einladung, innezuhalten, die eigenen Lebenswege zu hinterfragen und scheinbare Selbstverständlichkeiten als das zu erkennen, was sie sind – hart erkämpfte Wahrheiten. Sehr gut dazu passt das Cover, das eine liebliche Landschaft zeigt, die unschön aufgerissen ist, das Papier hängt in Fetzen und ermöglicht einen kleinen Blick hinter die Kulissen einer nur scheinbar harmonischen Kleinstadtidylle.

Gefangen in einer unglücklichen Ehe
Der Roman spielt in einer kleinen irischen Stadt im Herbst 1994, als Scheidungen noch verboten waren. Männer hatten bedeutend mehr Freiheiten. Das lag meiner Ansicht nach vor allem daran, dass eine Frau wirtschaftlich völlig von ihrem Ehemann abhängig war und am herrschenden Rollenbild. Haushalt, Kinder und im konservativen Irland die Kirche, das war der Wirkungskreis der Ehefrau. Dementsprechend groß ist die Aufregung in der Gemeinde, als Colette Crowley in den Ort zurückkehrt. Sie hatte ihre Familie - Ehemann und Kinder - verlassen, um in Dublin zu leben. Erschwerend in den Augen der anderen kommt hinzu, dass sie eine Dichterin ist und somit auch hier nicht den Konventionen entspricht. Den Preis, den sie für ihren Ausbruch bezahlt, ist hoch. Ihr Mann, Fabrikbesitzer und von Einfluss, verbietet ihr den Kontakt zu ihren Kindern, zahlt keinen Unterhalt. Izzy ist mit einem Politiker verheiratet, der die meiste Zeit nicht zuhause ist Sie wäre gerne berufstätig, was er ablehnt und wünscht sich mehr Unterstützung von ihm. Das führt immer wieder zu Streit. Dolores ist die dritte wichtige Person. Sie ist ebenfalls Hausfrau und betreut die wachsende Kinderschar. Ihr Ehemann Donal ist ein notorischer Fremdgänger, der seine Frau demütigt. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als Colette das Ferienhaus der beiden mietet.Ich habe schon lange keinen Roman mehr gelesen, der mich emotional so bewegt hat. Zum einen fand ich die Situation der Frauen schreiend ungerecht . Zum anderen fand ich es bestürzend, dass die geschilderten gesellschaftlichen Verhältnisse erst 30 Jahre zurückliegen. Colette ist für mich eine tragische Figur. Sie dachte, sie hätte die Liebe gefunden, wollte frei sein, um dann zu erkennen, dass sie einer Illusion erlegen ist und nicht ohne ihre Kinder leben kann. Ihr den Umgang mit ihren Kindern zu verbieten, fand ich unmenschlich. Was mich zudem entsetzt und wütend gemacht hat, war, dass vor allem die Frauen, sich das Maul über sie zerrissen und sie ausgegrenzt haben. Izzy weiß nicht so recht, wie sie sich gegenüber Colette verhalten soll. Trotz Bedenken und mit einem schlechten Gewissen verhilft sie Colette zu einem heimlichen Treffen mit ihrem Sohn. Auch Izzy zahlt für ihre Hilfsbereitschaft einen hohen Preis. Dennoch ist sie für mich diejenige, die am Ende Hoffnung aufkommen lässt. Ich fand ihre persönliche Entwicklung und ihre Erkenntnisse sehr überzeugend. Neben Colette gehört mein Mitgefühl auch Dolores, obwohl ich sie nicht mochte. Sie bemüht sich, alle Erwartungen zu erfüllen und steht dann mit leeren Händen da. Die Sprache im Buch ist sachlich, ohne Pathos und lässt sich sehr gut lesen. Ich konnte mich trotz der unterschiedlichen Charaktere gut in die Frauen hineinversetzen. Für mich war es unfassbar, dass alle drei Frauen keine Möglichkeit hatten, ihre Lebenssituation durch eine Scheidung zu verändern und neu zu beginnen.

Frauenrechte in Irland – Emotional und beeindruckend
Alan Murrin hat einen sehr flüssigen fesselnden Schreibstil. Er beschreibt die Geschichte sehr detailliert und einfühlsam.Das Cover mit dem Blick 'hinter die Kulissen' ist wunderschön, ebenso das Hardcover, das ebenfalls farbig gestaltet ist.Die Handlung spielt in dem irischen Städtchen Ardglas an der Küste in der Zeit 1994 bis 1995. Die Geschichte der drei ganz unterschiedlichen Frauen wird sensibel in wechselnden Perspektiven geschildert.Izzy ist mit James verheiratet, einem Abgeordneten, der sich für das Recht auf Scheidung engagiert. Izzy ist aber unglücklich in ihrer Ehe.Dolores ist mit Donal verheiratet, der sie ständig betrügt und vor dem keine Frau sicher ist.Die Dichterin Colette hatte ihren Mann wegen eines anderen Mannes verlassen und ist wieder nach Ardglas zurückgekehrt.Der Roman hat mich so sehr berührt und gefesselt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.Für uns unvorstellbar, dass in Irland erst vor 30 Jahren Scheidungen legalisiert wurden. Über die Abschaffung des Ehescheidungsverbots wurde 1995 mit ganz knapper Mehrheit abgestimmt. Dass über dieses bedrückende Thema von einem Mann geschrieben wird, hat mich fasziniert.Das Leben zu der Zeit in Irland mit den gesellschaftlichen Zwängen und der verlogenen Moral wird einem klar vor Augen geführt.Absolut lesenswert!

Interesante Charaktere im starren Korsett der katholischen Gesellschaft im Irland der 1990er Jahre
Vor der idyllischen Kulisse einer Kleinstadt an der irischen Westküste erzählt Alan Murrins Roman "Coast Road" die Geschichte mehrerer (unglücklicher) Familien. Zwischen Streits, Fremdgehen und Entfremdung versuchen die Einwohner*innen in ihren Ehen und ihrem Alltag klarzukommen. Der Roman spielt 1994 kurz vor dem Volksentscheid zum Scheidungsverbot, das die irische Bevölkerung mit sehr knapper Mehrheit aufhob. Das Referendum kommt nur am Rande des Buches vor, es endet vor der Abstimmung. Trotzdem zeigt der Autor anhand seiner faszinierenden Charaktere sehr deutlich, dass ein Zusammenbleiben aus Zwang nicht zum Glück führt und Selbstbestimmung ein wertvolles Gut ist. Die Charaktere sind so alltäglich und normal, dass sie unsere Nachbar*innen sein könnten. Gleichzeitig sind sie so komplex und glaubwürdig gezeichnet, dass man total mitfiebert. Überhaupt hat mir der Schreibstil enorm gut gefallen, das Buch liest sich in seinem meist eher leisen Ton sehr flüssig und hat mich schnell in die Handlung hineingezogen.

Argwöhnisch beobachtet
In der Kleinstadt Ardglas an der irischen Küste wird jeder Fremde misstrauisch beäugt. Als der erfolgreiche Geschäftsmann Shaun Crowley vor Jahren Colette, eine auffällig große und gutaussehende Frau, heiratete, die zudem Dichterin war, gab es lange Zeit kein anderes Gesprächsthema. Doch die Ehe ging in die Brüche, Colette zog nach Dublin und mit einem anderen Mann zusammen. Die gemeinsamen Söhne musste sie bei Shaun zurücklassen. Nachdem auch diese Beziehung nicht gutging, ist sie wieder da und lebt zur Miete in einem heruntergekommenen Feriencottage an der Coast Road. Sie hält sich mehr schlecht als recht durch Schreibwerkstätten finanziell über Wasser. Shaun verbietet ihr den Kontakt zu ihren Söhnen, worunter der Jüngste, Niall, sehr leidet. Der mittlere will von seiner Mutter nichts mehr wissen, der älteste studiert und lebt nicht mehr in Ardglas. Colette versucht verzweifelt, Niall zu sehen und bekommt dabei Hilfe von Izzy, der Frau eines Lokalpolitikers, die heimliche Treffen arrangiert. Doch sie werden beobachtet und Izzys Mann verbietet ihr den Umgang mit Colette, nachdem Shaun ihm offen damit gedroht hat, seine politische Karriere zu sabotieren. Colette ist verzweifelt, trinkt zu viel und lässt sich auf eine Affaire ein, die ihr zum Verhängnis wird.„Coast Road“ spielt in Irland Mitte der 1990er Jahre. Es ist erschreckend zu lesen, wie wenig Rechte die Frauen damals in Irland hatten. Scheidung war nicht möglich, Frauen, die abtreiben wollten, mussten heimlich nach England fahren. Ohne Einwilligung des Ehemanns konnte eine Frau noch nicht mal ein Geschäft eröffnen, dazu war die Unterschrift ihres Ehemanns erforderlich.Ich fand die Atmosphäre in diesem Buch bedrückend und sehr eindrücklich beschrieben. Obwohl ich manche von Colettes Entscheidungen nicht nachvollziehen konnte, hatte ich Verständnis für ihre Fehlentscheidungen und sie tat mir sehr leid in ihrer Einsamkeit und Sehnsucht nach ihren Kindern. Man macht es sich zu leicht zu sagen, sie hätte ihre Familie ja nicht zu verlassen brauchen. Das Buch hat mich sehr beeindruckt und beschäftigt mich immer noch. Ein äußerst gelungener Debütroman mit einem ausgefallenen Cover, das mir im Buchladen sofort aufgefallen wäre.

Doppelmoral
Gleich zu Beginn: es ist ein sehr aufwühlender und berührender Roman, den Alan Murrin als Debutroman hier vorlegt. Er hat mich sehr nachdenklich zurückgelassen, wenn man bedenkt, dass die Geschichte in den 90er Jahren spielt. Also gerade einmal um die 30 Jahre her. Erzählt wird von einer Kleinstadt in Schottland und deren Einwohner, die die zurückgekehrte Dichterin, Colette Crowley, - die ihre Familie verlassen hat, um in Dublin ihr Glück zu finden- nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Vorurteile, Schubladendenken, Argwohn, all das wird im klaren Stil vor der malerischen Küstenlandschaft erzählt, bis die Situation eskaliert. Die Doppelmoral der gut-gestellten Bürger lässt einen kopfschüttelnd und fassungslos zurück. Frauen, die in den 90er Jahren, die von ihren Männern gedemütigt, erniedrigt und unterdrückt werden und die Lokalpolitik sich für die Legalisierung des Scheidungsgesetzes ausspricht. Was für eine Moral! Sehr lesenswert. Das Cover hierzu finde ich außergewöhnlich und sehr passend. Das ist der Riss, der sich durch die Gesellschaft zieht.

Erschreckend und fantastisch zugleich
Dies ist mein zweites Buch, welches als Handlungsort Irland hat, welches ich lese. Bereits das Cover finde ich sehr schön gestaltet und es stellt das kleine Cottage am Ende der Coast Road dar. Zugleich ist es nur ein Einblick, das, was hinter der Oberfläche liegt, wenn man an dieser kratzt.Und so ist auch der Inhalt. Hauptfiguren sind Colette und Izzy. Beides Frauen, welche Mitten im Leben stehen. Deren leben aber doch so unterschiedlich sind. Viel wichtiger und erschreckender ist jedoch das Jahr der Handlung: 1994. Dies muss man sich beim lesen immer wieder bewusst machen. Und genau dies ist so erschreckend für mich gewesen. Unfassbar, dass 1994 Scheidung in Irland noch so ein Thema war. Die Geschichte ist sanft und ruhig geschrieben. Alan Murrin verwendet lieber die leisen Töne und Worte. Und doch entwickelt sich im Leser ein Strudel der Gefühle und Gedanken. Ich finde, dass vor allem die Stimmung Irlands sehr gut rüber gekommen ist. Man fühlt sich dem rauen Küstenklima ausgesetzt, ist Teil des Örtchens Ardglas. Ich mochte das Buch sehr und vor allem der Schreibstil hat es mir angetan. Ich hoffe sehr, dass Alan Murrin noch mehr Bücher veröffentlicht.
Pressestimmen
dpa
Ein großartiges Debüt. Der Autor erzählt nuanciert, einfühlsam und entwickelt die Geschichte konsequ...ent bis zum Höhepunkt. mehr weniger
Sibylle Peine, 17.03.2025
Kölner Stadt-Anzeiger
Alan Murrin schreibt diesen aufwühlenden Roman spannend und mit großer Sympathie für die Frauenfigur...en. mehr weniger
Elke Heidenreich, 08.02.2025
Brigitte
Mit Feingefühl und erzählerischem Können.
02.07.2025
Bücher Magazin
Hier passt alles zusammen: die herbe Landschaft, die starken Charaktere und eine Handlung ohne falsc...hes Pathos. mehr weniger
01.04.2025
TO GO Berlin
Ein unvergesslicher Roman über die gesellschaftlichen Beschränkungen von Frauenleben in Irland vor n...icht allzu langer Zeit. Und das alles von Männerhand geschrieben. Einfühlsam und gleichzeitig aufwühlend. mehr weniger
01.04.2025
Hamburger Abendblatt
Alan Murrin erzählt in ›Coast Road‹ von dramatischen Ereignissen um die tapfere, aber auch haltlose ...Colette, die sich lediglich deswegen ereignen, weil die irische Gesellschaft vor ein paar Jahrzehnten noch ziemlich rückständig war. Mit Figuren, die glaubwürdiger sind als Geschöpfe ihrer Zeit. mehr weniger
Thomas Andre, 24.03.2025
rbb radioeins
Alan Murrin ist ein wirklich toller Erzähler. Er gibt seinen Figuren mit weinigen Details, mit wenig...en Gesten und Worten eine große Tiefe. mehr weniger
Thomas Böhm, 03.03.2025
Emotion
Ein Buch, über das man mit seinen Freund*innen sprechen will… um sie danach zu umarmen.
Timothy Sonderhüsken, 03.03.2025
NDR Kultur
Es geht auch um die Freiheit der Wahl. Darum, dass die Unterdrückung nicht endet, bloß weil der Gese...tzgeber es will. Da wird ›Coast Road‹ brandaktuell. mehr weniger
18.02.2025