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Sie sind Geschichtslehrer mit Leib und Seele. Wie begeistern Sie Ihre Schüler für historische Stoffe?
Ich versuche im Unterricht, den Kindern die Ereignisse der Geschichte so lebendig zu vermitteln, wie ich das in den Büchern tue. Dabei kann es auch gerne lustig zugehen, wenn der Stoff das zulässt. In der Schule müssen die Kinder aber auch Hausaufgaben machen, im Unterricht mitarbeiten, Tests und Klausuren schreiben, das müssen die Kinder, die meine Bücher lesen, zum Glück nicht ;-)
Entstand so auch die Idee zu Ihrer Buchreihe, in der Götter, Helden und historische Gestalten selbst zu Wort kommen?
Die Reihe war anfangs gar nicht als Reihe geplant. Ich bin Latein- und Geschichtslehrer, da kommt man automatisch mit den Mythen und Gestalten der alten Griechen und Römer in Kontakt, im Studium und in fast jeder Unterrichtsstunde. Irgendwann hatte ich die Idee, dass man die Gottheiten der alten Griechen ja mal selbst zu Wort kommen und ihre Abenteuer in einer Art Freundschaftsbuch fröhlich erzählen lassen könnte. Aus dieser Idee wurde vor einigen Jahren ›Ich, Zeus, und die Bande vom Olymp‹. Und dieses Buch fand und findet so viele begeisterte Leserinnen und Leser, dass ich die Grundidee auf andere Gestalten und Zeiten übertragen habe. So entstand dann nach und nach eine richtige Reihe.
Warum ist es so wichtig, dass Kinder die Vergangenheit mit all ihren historischen Ereignissen, Sagen und Mythen kennen?
Da würde ich trennen zwischen Geschichte und Geschichten, also zwischen history und stories. Unsere Geschichte, also die history, sollten junge Menschen unbedingt kennen, wenigstens in den groben Zügen. Nur so lässt sich unsere Gegenwart verstehen. Und die unzähligen stories vergangener Zeiten, also die Sagen, Mythen, Märchen und Legenden sollten junge Menschen wenigstens teilweise kennen, weil sie Dinge behandeln wie Liebe und Verrat, Bosheit und Güte, Tapferkeit und Feigheit, die uns auch heute betreffen und beschäftigen. Vielleicht kann man durch den Vergleich mit einem alten Mythos das eigene Verhalten oder das anderer Menschen besser erklären. Aber das muss gar nicht unbedingt sein. All diese alten stories machen einfach auch Spaß, wenn sie gut erzählt werden, also munter, spannend und mit einer großen Prise Humor.
Sie machen viele Schullesungen und erhalten dabei sicher auch viel Feedback von den Kindern. Was war der aufschlussreichste, überraschendste oder lustigste Kommentar, den Sie je gehört haben?
Ich wurde schon oft gefragt, ob ich selbst an Zeus, Odin, Isis oder eine andere Gottheit glaube, von der ich gerade vorgelesen habe. Das muss ich dann jedes Mal verneinen und den Kindern sagen, dass das für mich nur literarische Gestalten sind. Einige finden das dann richtig schade.
Zu dem Band ›Ich, Kleopatra, und die alten Ägypter‹ gibt es kostenloses Unterrichtsmaterial. Was macht dieses Zeitalter so spannend für Schülerinnen und Schüler?
Die alten Ägypter sind ein beeindruckendes Volk. Einmal haben sie Dinge entwickelt und gebaut, die uns auch heute noch staunen lassen: die Pyramiden, die Hieroglyphen, riesige Tempel und prachtvolle Paläste, ihr Bewässerungssystem, mit dem sie so viel Boden fruchtbar machen konnten. Dann gab es große Herrschergestalten, deren Namen man auch nach zwei- oder dreitausend Jahren noch kennt: Ramses, Nofretete, Tutanchamun, Kleopatra. Schließlich ihre Mythologie, ihre geheimnisvollen Göttinnen und Götter, die oft in Tiergestalt auftauchen und so zahlreich sind, dass selbst die größten Fachleute da keinen Überblick haben. All das zusammengenommen macht dieses Volk auch heute noch faszinierend, für Kinder wie für Erwachsene.
Wenn Sie in die Vergangenheit zurückreisen könnten, welche historische Figur wären Sie am liebsten oder würden Sie am liebsten treffen?
Tauschen möchte ich, ehrlich gesagt, mit keiner historischen Persönlichkeit. Ich bin ganz glücklich in unserer Gegenwart, lebe gesund und munter in einem freien und friedlichen Land in großem Wohlstand. Das ist mehr als okay. Die Menschen der Vergangenheit hatten allermeistens ein viel schwereres Leben als wir heute. Wenn ich jemanden treffen könnte, hätte ich mehrere Kandidaten, die allesamt etwa zur gleichen Zeit lebten. Mit Kaiser Augustus würde ich gerne mal auf Latein plaudern und mir erzählen lassen, wie er es geschafft hat, dieses große Römische Reich so lange zu regieren. Und dem römischen Dichter Ovid würde ich gerne beim Arbeiten über die Schulter schauen und ihm bei einer Lesung lauschen. Doch am allerliebsten, das wäre wirklich großartig, würde ich ein paar Tage mit Jesus von Nazareth durch Galiläa spazieren und ihm zuhören.
Wen würden Sie gerne noch in Ihrer Buchreihe vorstellen?
Ich würde gerne noch einmal in die Zeit der alten Römer zurückreisen, am liebsten in die Stadt Pompeji, und dort mit meinen Heldinnen und Helden die spannenden Tage rund um den Vesuvausbruch erleben. Und dann? Schauen wir mal. Die Vergangenheit ist ja so riesig und die Welt so groß. Da wird sich sicherlich noch etwas finden.
Wie lange dauert es, bis Sie ein Buch fertig in den Händen halten – von der Recherche bis zum gedruckten Exemplar?
Das dauert meistens ein gutes Jahr: Zuerst muss das Thema mitsamt der Titelfigur stehen, das geschieht in Absprache mit dem Verlag. Dann mache ich, ähnlich wie ein Fußballtrainer, eine Aufstellung, überlege mir also weitere Figuren, die auftreten könnten. Und dann geht es an die Recherche und auch schon ans Schreiben, das läuft parallel. Hin und wieder fliegt dann eine Figur aus der Mannschaft und wird durch eine andere ersetzt. Ist der Text fertig, macht sich die Lektorin ans Werk und spürt Fehler, Widersprüche oder Unklarheiten auf, die ich dann glattziehe.
Zeitgleich greift die Illustratorin Ramona Wultschner zum Zeichenstift und entwirft die tollen Bilder, die diese Reihe so unverwechselbar machen. Schließlich werden Text und Illustrationen schön layoutet, noch einmal von aufmerksamen Menschen durchgesehen und hier und da verbessert. Und ganz am Ende geht die Datei in die Druckerei und wird dort zu einem richtigen Buch, das man in den Händen halten kann.
© Interview: dtv