Zu Besuch bei ... Leonie Lastella

Gerade ist der erste Band der Romantic-Suspense-Dilogie ›Seaside Hideaway‹ von Leonie Lastella erschienen. Im Interview verrät sie uns, warum sie viele ihrer Romane auf der Insel Rømø fertiggeschrieben hat – und wieso wegen ihr Wortobergrenzen in Schulklausuren eingeführt wurden.

Wie sieht Ihr Schreiballtag aus?
Der perfekte Schreibtag beginnt für mich morgens, nachdem ich die Kinder in die Schule geschickt habe, joggen und reiten war und mich mit einem Chai Latte an meinen Mac setze und mein Pensum von zehn Seiten – nach dem Bearbeiten der eingegangenen E-Mails und Anfragen – in einem Rutsch schreibe, ohne zu hadern, mit einem Schreibflow, der glücklich macht. Diese Tage gibt es.

Aber viel öfter sieht es so aus, dass die Kinder zeitversetzt über den gesamten Vormittag verteilt Schulbeginn haben, so dass die Busse nicht mehr fahren und ich immer wieder mittendrin kleine und große Dramen abwenden oder Mama-Taxi spielen muss. Dann sind da noch Termine, so etwas wie Sozialleben, E-Mails, die beantwortet werden müssen, Interviews, zu signierende Bücher, Social Media, was unglaublich viel Zeit frisst – und an solchen Tagen schrumpft mein Schreibpensum dann oft auf die Hälfte zusammen. Das versuche ich dann durch Abend-Sessions und Arbeit am Wochenende auszugleichen. Wenn die Deadline ganz arg drückt, gehe ich auch schon mal in Schreibklausur an die Nordsee, wo ich mich dann ganz auf das Manuskript konzentrieren kann. Deswegen sind, Fun Fact, viele meiner Bücher auf der Insel Rømø fertiggeschrieben worden.

Haben Sie dabei feste Rituale?
Eines meiner wichtigsten Rituale ist Musik. Bevor ich losschreibe, stelle ich laut Musik an. Das bringt mich in die nötige Stimmung. Die Playlists meiner Bücher kann man auch auf Spotify finden.

Ansonsten kuschel ich mich beim Schreiben gern in eine Decke und habe immer ein Glas Chai Tee oder Cola Zero neben mir stehen.

Arbeiten Sie mit einem Notizheft, einer Pinnwand o.Ä.?
In meinem Arbeitszimmer habe ich eine magnetische Wand, an der ich während eines Projekts alle möglichen Informationen auf Karteikarten sammle, um keine Idee zu vergessen. Da ich aber auch oft unterwegs auf dem Weg zu Lesungen oder Terminen im Zug oder bei Kurzurlauben bei meinem Schreibbuddy schreibe, habe ich mir angewöhnt für jedes Projekt ein eigenes Notizbuch anzulegen, in dem ich alles, was das Projekt betrifft, festhalte. Darin sind nicht nur die Charaktere angelegt (sehr wichtig, weil ich grundsätzlich vergesse, welche Augenfarbe sie haben oder wonach noch mal genau sie riechen – oder auch auf welcher Seite sich eine bestimmte Narbe befindet), sondern auch das Setting, Straßenkarten, Motivationen, Liebeserklärungen, Date-Ideen, Sätze, die mir in den Kopf kommen, aber noch nicht in den Text eingebaut werden können.

Was wollten Sie als Kind werden?
Biologin und dann in den Umweltschutz gehen. Ich war meiner Zeit etwas voraus, allerdings musste ich mir irgendwann eingestehen, dass Biologie bei einer Schwäche in Chemie, Mathematik und Physik eher schwer zu bewältigen war – und der Traum war damit ausgeträumt. Damals hätte ich nie gedacht, einmal Autorin zu sein. Es gab allerdings Hinweise. Wegen mir wurden an meiner Schule irgendwann Wortobergrenzen in den Klausuren der Oberstufe festgelegt, weil ich es tatsächlich geschafft habe, in einer Fünf-Stunden-Klausur zwanzig Seiten zu füllen, und meine Lehrer das nicht lustig fanden.

Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Irgendwann hatte ich eine Idee im Kopf und habe angefangen, sie aufzuschreiben. Sie wollte einfach raus. Und plötzlich war da ein ganzes Buch. Und ich dachte, es muss großartig sein. Weil es sich doch großartig anfühlte. Immerhin hatte ich ein ganzes Buch geschrieben. Rückblickend muss ich zugeben, dass es handwerklich wirklich schlecht war. Ich habe dann Szenen daraus in einem Literaturforum hochgeladen und berechtigte, aber sehr vernichtende Kritik dafür bekommen. Daraufhin dachte ich, ich würde einfach nie wieder schreiben, habe ein bisschen geweint, meine Wunden geleckt und nach drei Tagen ist mein Kampfgeist erwacht. 

Ich habe dann über ein Jahr nur an meinem Stil, dem Handwerk, dem Storytelling gearbeitet und dabei meine schriftstellerische Persönlichkeit gefunden. Aus diesem Forum, das heute nicht mehr existiert, wurde ich dann rekrutiert und bekam meinen ersten Vertrag bei einem winzigen Kleinverlag. Später folgten dann Veröffentlichungen in anderen Kleinverlagen und einige Anthologien und Auszeichnungen, die mir gezeigt haben, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Irgendwann war mir dann klar, dass es das ist, was ich hauptberuflich machen möchte, und mir war ebenso klar, dass ich nicht erwarten kann, etwas nebenberuflich in meiner Freizeit zu betreiben, das aber so viel abwirft, als würde ich es hauptberuflich machen. Ich wollte den Schritt wagen und habe mir selbst ein Jahr Zeit gegeben, eine/n Agent*in zu finden und einen Großverlagsvertrag zu ergattern. Drei Monate später hatte ich den Agenturvertrag in der Tasche und vier Wochen später einen Spitzentitel-Deal bei einem Großverlag. Seitdem arbeite ich daran, weiter das tun zu dürfen, wofür mein Herz schlägt – Geschichten zu erzählen, die berühren.

Welche/r Autor*in oder welches Buch hat Sie nachhaltig geprägt?
Da gibt es so viele. Astrid Lindgren, weil ich mit ihren Geschichten groß geworden bin und ich die nicht stereotypen Mädchen in ihren Büchern geliebt habe. Stephen King, weil er es abseits des Horrors so schafft wie kein anderer, die Gefühle der Menschen zu porträtieren. Nachdem ich die Trauer des Vaters um seinen toten Sohn in ›Friedhof der Kuscheltiere‹ gelesen, gefühlt und mitbetrauert hatte, wollte ich unbedingt irgendwann selbst einmal solche Gefühle hervorrufen. ›Wer die Nachtigall stört‹ von Harper Lee ist einer meiner Lieblingsklassiker, genau wie ›Little Women‹ von Alcott. Bei Colleen Hoover werde ich zum absoluten Fangirl. Es sind nicht nur die Geschichten, die sie erzählt, die mich immer wieder tief berühren, sondern vor allem das Wie. Sie schafft es eigentlich immer, mir das Herz zu brechen. Maggie Stiefvater war eine absolute Entdeckung für mich. Und ich bin absoluter, vollkommenere Atticus-Fan. Jedes seines Gedichte kriecht mir unter die Haut und bleibt.

Welche/r Autor*in sollte unbedingt noch entdeckt werden?
Auch da gibt es so viele. Ich habe so viele Kolleg*innen, die mich mit ihrer Schreibe und den Geschichten tief berühren und unbedingt in jedes Buchregal eines Büchernarren gehören. Ich zähle mal ein paar auf. Ella Thompson, weil der Mix aus Familiensaga, Spannung, Drama und Liebe eine derartige Sogwirkung hat, dass man es einfach lieben muss. Kathinka Engel, weil sie mich einfach mit jedem Buch tief berührt. Kyra Groh, weil sie einen einzigartigen Erzählstil und wunderbare Themen hat. Lilly Lucas, weil jedes ihrer Bücher wie ein Nachhausekommen ist oder wie die liebste Kuscheldecke. Ich liebe es, mich in ihren Reihen zu verlieren. Nikola Hotel, bei der mich jeder einzelne Satz trifft, auf gute Weise, auf herzbrechende Weise, auf verändernde Weise. Von ihr kaufe ich jedes Buch blind. Ach, es gibt noch so viele andere. Ich könnte ewig so weitermachen.

Welches Buch hat Sie jüngst begeistert?
Zuletzt habe ich ›A Place To Shine‹ von Lilly Lucas gelesen und es hat mich so begeistert. Ich habe die Enemys-to-Lovers-Geschichte geliebt und die Dialoge der beiden Protagonisten waren der absolute Knaller. Ansonsten habe ich Westwell gelesen und fand die ›Romeo und Julia‹-Vibes der Reihe extraklasse.

Wen oder was wollen Sie unbedingt noch lesen?
Derzeit liegen ›Sorry‹ von Bianca Iosivoni und ›Malibu Rising‹ auf meinem SUB. Dann unbedingt die neue Reihe von Kathinka Engel, ›This Is Our Time‹, und ich liebäugle mit Fourth Wing, obwohl ich eigentlich kein Fantasy-Leser bin.

Was lesen Sie zurzeit?
Zurzeit lese ich nicht, da ich mir im aktiven Schreibprozess immer selbst eine Lese-Abstinenz auferlege. Aber ich freue mich schon, wenn ich nach dem Abschluss des nächsten Projekts mit den Büchern auf meinem SUB weiterlesen kann.

Wo lesen Sie am liebsten?
Am liebsten am Strand. Oder auf dem Sofa vorm Kamin.

Wofür legen Sie jedes Buch beiseite?
Für meine Familie und meine Freunde. Und für meine Tiere.