Doc Felix über das richtige Verhältnis von Gummibärchen und Salat

Auf Social Media postet Felix M. Berndt alias Doc Felix über Gesundheit, Ernährung und Sport – und hat inzwischen über eine Million begeisterte Fans. Nun hat er ein Buch geschrieben. Olga Tsitiridou wollte mehr darüber wissen, hat sich den Hörer geschnappt und am Telefon mit ihm über das Buch gesprochen.

Olga Tsitiridou (dtv): Wie kamst Du auf die Idee zu Deinem Feel-Good-Buch ›Doc Felix‹ und wie sehr hast Du darin Deine eigenen Lebenserfahrungen verarbeitet?
Doc Felix: Der wahre Grund ist Marketing (lacht). Nein im Ernst, es sind mir zwar viele Leute auf die Nerven gegangen, die der Meinung waren, dass ich ein Buch brauche, um in Talkshows eingeladen zu werden usw. Die Frage war aber eher, warum ich damit so lange gewartet habe, denn ich bin seit fünf Jahren auf Social Media und ein Buch war längst überfällig. Und genau aus diesem Grund habe ich mit dem Schreiben begonnen, es steckten also keine Marketing-Gründe dahinter.

Außerdem wollte ich ein allumfassendes Buch schreiben, das anders ist als Bücher mit ähnlicher Thematik. Es gibt ja bereits so viele Publikationen über alle möglichen Themen wie etwa Glykose- und Stoffwechselkuren oder Wechseljahre. Aber ein Buch, das für jeden von Nutzen ist, das gab es bisher nicht. Das ist die eine Geschichte. Die andere ist, dass ich auf Social Media die Botschaft verbreite, dass ein gesundes Leben ein besseres ist. Wir müssen nicht auf etwas verzichten, damit wir es später besser haben, denn wenn wir uns um unsere Gesundheit kümmern, geht es uns JETZT besser.

Wodurch unterscheidet sich Dein Buch von anderen Ratgebern?
Es war mir sehr wichtig, dass ich mich mit meiner Botschaft von den anderen Influencern und Ärzten unterscheide. Es gibt natürlich tolle Gesundheitsbücher. Mit meinem Buch möchte ich vor allem zeigen, dass man etwas verpasst, wenn man sein Leben nicht gesund lebt. Natürlich habe ich auch meine eigenen Lebenserfahrungen darin verarbeitet, denn – und vielleicht ist das ein Unterschied zwischen mir und anderen Ärzten – ich lebe die Inhalte meines Buchs. Als Heranwachsender war ich pummelig, hasste Sport und habe mich sehr schlecht ernährt. Heute liebe ich Sport und gesunde Ernährung.

Das Medium Buch bietet mir außerdem die Möglichkeit, ein bisschen Distanz zu meinen Followern zu schaffen. Denn es ist deutlich einfacher, über intime Dinge wie zum Beispiel über Sex zu schreiben, als vor laufender Kamera darüber zu sprechen. Im Prinzip bin ich in diesem Buch wesentlich persönlicher als in meinen ganzen Videos.

An einer Stelle schreibst Du, dass die Menschen früher Stress bekamen, wenn der Säbelzahntiger vor ihnen stand. Da hieß es: fight or flight. Die Säbelzahntiger sind längst ausgestorben …
So ist es, aber unser Körper verhält sich genauso wie damals, allerdings hat sich die Situation bzw. der »Angreifer« geändert. Stress entsteht heute zum Beispiel, wenn ich Post vom Finanzamt kriege oder eine Klausur schreibe. Der Grund dafür ist, dass sich unser Körper in der Evolution nicht so rasant entwickelt hat wie unsere sozialen Umstände. Man hört ja, Stress sei ungesund. Warum aber ist das so? Wie entstehen ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall? Unter Stress steigt die Gerinnungsneigung des Blutes, denn die Gerinnung ist die Wundheilung, was bedeutet, dass sich die Wunde schließt. Wurde man also früher vom Säbelzahntiger angegriffen und verletzt, drohte man nicht zu verbluten.

Angenommen, jemand nimmt sich an einem bestimmten Tag bewusst vor: Heute möchte ich inneren Stress vermeiden. Welche Tipps würdest Du ihm geben? Ich meine etwas, was zum Beispiel an einem ganz normalen Arbeitstag auch machbar ist.
Es gibt einige Wege zur Vermeidung von Stress. Am einfachsten ist es also, meiner Meinung nach, die Bewertung zu ändern. Der Stressor selbst – zum Beispiel Lärm, Kälte, Zeitdruck, Familie, Job – ist immer neutral. Wir bewerten den Stressor, indem wir ihn als relevant oder irrelevant, gefährlich oder ungefährlich wahrnehmen. Danach bewerten wir unsere Kompetenz. Können wir damit umgehen? Habe ich so eine Situation schon einmal erlebt? Bei einem Missverhältnis zwischen den äußeren Anforderungen und den inneren Ressourcen kommt es zu Stress. In einer Stresssituation entsteht erst einmal eine Pause, und in dieser Pause entscheiden wir uns unbewusst, ob der Stressor für uns relevant ist oder nicht.

Ist es nicht manchmal vernünftig, ein bisschen unvernünftig zu sein? Wie findet man denn die richtige Balance zwischen der Tüte Gummibärchen und der Salatschüssel?
Unser Körper ist genial, er verzeiht uns, wenn wir hin und wieder Süßigkeiten essen, Alkohol trinken und andere »unvernünftigen« Sachen machen. Mir ist nur wichtig, dass 80 Prozent der Sachen wirklich vernünftig sind, dann ist das andere egal. Wenn man einmal im Monat ein Gläschen zu viel trinkt, spielt das keine große Rolle. Wenn man aber jeden Tag Bier zum Abschalten braucht, spielt das eine erhebliche Rolle. Wir unterschätzen meist die Dinge, die wir im Alltag tun, und überschätzen es, wenn wir zum Beispiel alle sechs Monate in die Sauna gehen.

Es ist mir sehr wichtig, dass ich meine Message nicht auf Verzicht begründe. Es kommt aber darauf an, die guten Sachen wirklich zu machen, wie zum Beispiel, sich gesund zu ernähren. Letztendlich sind klebrige Gummibärchen gar nicht so großartig, wie man denkt, oder? Sie sind sicher nicht das Leckerste, was man zu sich nehmen kann. Deshalb ist es nicht so schlimm, wenn man darauf verzichtet. Ich sage den Leuten immer, konzentriere dich nicht auf das, was du nicht essen oder machen darfst, sondern mach die guten Sachen und überleg dir, was großartig ist an deinem Körper. Wenn es um Ernährung geht, überleg dir, was dein Körper braucht, um gesund zu sein. Wie viele Kalorien braucht er? Wie viele Fettsäuren braucht er für die Hormonsynthese? Wie viele Ballaststoffe braucht dein Darm? Wie viel Wasser braucht dein Gehirn, um zu arbeiten? Diese Fragen stellen wir uns häufig nicht, sondern grübeln stattdessen darüber, was wir heute alles nicht essen dürfen. Doch das ist die falsche Frage. Letztlich kann man sagen: Sei gerne unvernünftig und iss auch mal Chips, aber sieh zu, dass du dich hauptsächlich gesund und lecker ernährst.

Du sagst, dass Vorsorgeuntersuchungen sehr wichtig sind. Warum drücken sich viele Menschen davor, und was kann man tun, um die Bedeutung solcher Untersuchungen mehr ins Bewusstsein aller zu rücken? Du tust es bereits mit Deinem Buch.
Wir haben Angst davor, krank zu werden, und deshalb wollen wir diese Vorsorgeuntersuchungen gar nicht erst machen. Es ist wirklich sehr schwierig, die Leute dazu zu bringen. Meist machen wir eine Vorsorgeuntersuchung erst, wenn wir durch einen Krankheitsfall im Freundeskreis oder in der Familie in Sorge geraten. Leider habe ich da keinen großartigen Ratschlag. Ich plädiere aber immer für die Eigenverantwortung. Das Beste wäre natürlich, wenn wir dieses Thema gesellschaftlich lösen könnten. Es sollte etwas Natürliches sein, in eine Vorsorgeuntersuchung zu gehen, auch wenn es manchmal unangenehm ist und manche diagnostischen Verfahren nicht so einfach sind. Ich bin der Meinung, dass man mit gutem Beispiel vorangehen und Verantwortung für seine Gesundheit übernehmen sollte.


Interview: Olga Tsitiridou (dtv), Juni 2023

Betritt man unser Verlagsgebäude ist Olga Tsitiridous Gesicht das Erste, das einem vom Empfang entgegenstrahlt. Für das dtv Magazin stellt Olga regelmäßig ihre persönlichen Lese-Highlight aus dem aktuellen Programm vor, lässt aber auch immer wieder ihren Schreibtisch zurück und macht sich auf die Suche nach neuen, spannenden Stories über alles, was ein Bücherherz bewegt.